Nachdem ich im vergangenen Monat mit der Psychologie die erste Disziplin/Fachrichtung beleuchtet habe, geht es heute um den Einstieg in die Soziologie. In der Soziologie steht nicht das Individuum im Mittelpunkt, sondern die Gruppe.
Was finde ich an Soziologie so interessant?
Mich interessiert, wie menschliches Zusammenleben funktioniert. Und wann es besonders gut funktioniert.
Mich faszinieren Länder und Regionen, die in der individuellen Zufriedenheitsskala ganz vorne stehen und deren Bewohner besonders stark empfinden, ein gutes Miteinander zu leben.
Genauso Vereine, Unternehmen und Organisationen in denen Menschen besonders zufrieden wirken. Meist spürt man schon direkt in den ersten Minuten beim Besuch eines Restaurants oder Ladengeschäfts, ob die Menschen hier gerne arbeiten, und das strahlt auf die Besucher und Kunden ab.
Auch finde ich die Unterschiede zwischen Generationen spannend, wie sie von kollektiven Erfahrungen geprägt wurden.
Was sind für mich wichtige Grunderkenntnisse der Soziologie?
Menschen sind kooperationsfähig. Gemeinsam ist man stärker und kann seine (individuellen) Bedürfnisse meist besser befriedigen. Entsprechend ausgeprägt ist die menschliche Zusammenarbeit (Kooperation), denken wir beispielsweise an unseren arbeitsteiligen Alltag.
Kooperation funktioniert dann besonders gut, wenn alle Beteiligten von ihr profitieren. Erfolgreiche Kooperation basiert auf guten Institutionen. Im engeren Sinne sind damit Grundregeln 1 und -normen wie Menschenrechte, Sprache, Währungsmittel, … gemeint. 2 Daraus abgeleitete Institutionen sind z.B. Gesetze und Verträge.
Kultur ist eine Gruppeneigenschaft (kein individuelles Phänomen), die sich aus gemeinsamen Erfahrungen entwickelt (Teams, Familie, Regionen…) und ist damit das Produkt sozialen Lernens. 3
Demnach lassen sich Gruppen anhand ihrer Organisationsform und Kultur unterscheiden.
Was fange ich damit an?
Im Blogeintrag „Psychologie“ bin ich auf das Verhaltensmodel eingegangen. Eine der vier Dimensionen, die das individuelle Verhalten mitbestimmt ist, das soziale Dürfen/Sollen (Normen und Regelungen). Die Soziologie erklärt anhand der Institutionen und der Kultur wie diese vierte Dimension entsteht bzw. worauf sie basiert, nämlich auf kollektive Werten/Erfahrungen.
Unser Wohlergehen hängt in gewissem Maß von unseren Mitmenschen ab und den Kulturen, in denen wir uns befinden. Der Plural ist von mir bewusst gewählt, Individuen sind aufgrund der Zugehörigkeit zu verschiedenen Gemeinschaften – die Soziologen sagen „sozialen Systemen“ (Familien, Regionen und Organisationen wie Vereine, Unternehmen Parteien etc.) multikulturell.
Wenn ich mir der Bedeutung von Institutionen und Kulturen bewusst bin kann ich mich gezielt für den Erhalt oder Veränderung dieser einsetzen. Wobei ich mir bewusst sein muss, dass kollektive Veränderungen Zeit benötigen und Change-Management Knowhow oftmals hilfreich ist.
Und ich kann den Fehler vermeiden, dem Gruppendenken zu verfallen.
Denkanstöße für Kinder
Einige in diesem Blog dargelegten Bausteine sind für meinen Sohn noch zu abstrakt. Dennoch kann ich bereits mit Fünf- und Sechsjährigen über kulturelle Themen sprechen, sogar diskutieren, denn sie nehmen unterschiedliche familiäre Erziehungsstile war. Unser Sohn bekommt beispielsweise vor dem zu Bett gehen (aber vor dem Zähneputzen) noch ein „Gutenachtgutzel“, z.B. ein Fruchtgummi. Einer seiner Freunde bekommt dies nicht und diskutiert beherzt mit mir, dass ich meinem Sohn kein „Gutenachtgutzel“ mehr geben soll😉 Dank solcher Situationen stellt man selbst fest, welcher Muster man ggf. „automatisiert“ von seinen Eltern übernommen hat. Entsprechend kann man beginnen, gemeinsam Regeln festzulegen.
Ich hoffe der Einstieg in die Soziologie hat Dir gefallen, freue Dich auf weitere Disziplinen in dieser Serie!
1Die Regeln wiederum basieren (meist) auf Werten, vgl. Blogbeitrag „Was sind Werte“ und „Wertbeispiele“.
2 vgl. Picot, Dietl et. al. (2008). Organisation – Eine ökonomische Perspektive. Stuttgart; Schäffer-Poeschel S. 10ff.
3 Vgl. (Schein 2010), S. 29 und (Kutschker and Schmid 2006), S. 668