Nachhaltigkeit bedeutet für mich so zu leben, dass mein Lebensstil weder meinem Sohn noch seinen Kindern schadet, ganz gleich auf welchem Kontinent und Ort sie leben werden und wie sein/ihr Einkommen einmal sein wird. Nachhaltigkeit ist daher für mich eng mit dem im Vormonat erläutertem Begriff der Verantwortung verknüpft.
Nachhaltigkeit ist keine neue Erfindung, sondern eine Wiederentdeckung, bewehrter Prinzipien seit Jahrtausenden.
Nachhaltigkeit ist einerseits komplex (wenn ich beispielsweise an die Lieferkette meiner Schreibtischlampe denke) und mehrdimensional (üblicherweise spricht man von den drei Perspektiven Ökologie, Ökonomie und Sozialem), andererseits ermöglicht dies zugleich viele Optionen nachhaltig zu handeln.
Tatsache ist, dass kumuliert unser Lebensstil in Deutschland nicht nachhaltig ist, da wir ressourcenmäßig aktuell 2,9 Erden verbrauchen. [i]
Ziele für nachhaltige Entwicklung
Die UN hat die Komplexität in 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung heruntergebrochen. Von der Bekämpfung der Armut bis zur Förderung von Frieden, Gerechtigkeit und starken Institutionen. Alle Ziele findest Du hier bspw. auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.
Wie ich schon in meinem Januar-Blog zur globalen Balance geschrieben habe, bin ich fest davon überzeugt, dass wir das Gesicht der Welt in dieser Dekade verändern, wenn sich jeder bei drei Zielen miteinbringt, die seinen Stärken, entsprechen. Ich habe mir folgende drei Ziele prioritär vorgenommen:
Als Bauingenieur und Immobilienökonom ist mir beruflich das Ziel 11 „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ eine Herzensangelegenheit und ich arbeite täglich an dessen Umsetzung. Schon jetzt kann ich meinem Sohn erklären, dass fußläufige Städte/Stadtteile und ausgebaute Radwege sinnvoll sind, da er gerne mit dem Fahrrad fährt.
Auch das Ziel 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ ist mir sehr wichtig. Gegenüber meiner Familie, meinen Kolleginnen und Kollegen und auch mir selbst. Ich erkläre meinem Sohn, wo die Lebensmittel herkommen, fördere seine sportlichen Neigungen und bin hinsichtlich seines Wohlbefindens aufmerksam.
Das Ziel 15 „Leben an Land“ ist mir seit frühster Kindheit ein Begriff, wo wir als Pfadfinder regelmäßig Waldsäuberungsaktionen durchführten, es aber stets erschreckend und beeindruckend zugleich, wie viel Müll wir aus dem Wald holten. Ich erkläre meinem Sohn, dass die Ressourcen endlich sind, gehe mit ihm viel in die Natur und vermittele ihm, mit dieser achtsam umzugehen.
Ich versuche nach bestem Wissen und Gewissen auch die anderen Ziele zu verfolgen oder auch unabhängig dieser UN-Ziele entsprechend meiner eingangs dargelegten Definition zu leben.
Ich bin dankbar für diese Orientierung gleichwohl es ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess ist, denn natürlich gibt es viele Situationen, wo ich dieser Verantwortung noch nicht gerecht werde. Ich hüte mich vor Perfektionismuswahn und freue mich an den vielen kleinen Schritten, in die richtige Richtung und dass sich sehr viele Menschen global auf den Weg gemacht haben.
Zum gegenseitigen Mut machen und um den Dialog zu fördern, habe ich mir als kleines Zeichen einen entsprechenden Aufkleber auf den Briefkasten geklebt und ebenso als Hintergrund für mein LinkedIn-Profil gewählt😉
_________________________
[i] Siehe beispielsweise Tagessschaubericht zum aktuellen UN-Report: https://www.tagesschau.de/ausland/unicef-ressourcen-verbrauch-101.html#:~:text=In%20Deutschland%20ist%20der%20Ressourcenverbrauch,eine%20gesunde%20Umgebung%20zu%20bieten.
Heute möchte ich über Verantwortung schreiben. Ein Begriff „der in unserem Alltagsleben, aber auch im Recht, in der Ökonomie und in der Politik eine zentrale Rolle spielt“[1].
Wie lässt sich der Begriff einfach und strukturiert erschließen?
Beispielsweise, in dem man Fragen stellt: Wie lässt sich Verantwortung beschreiben und definieren? Was sind Voraussetzungen zu ihrer Wahrnehmung? Wer ist Träger der Verantwortung? Wofür trägt man Verantwortung? (Also die Frage nach Umfang und Inhalt der Verantwortung.) Gegenüber wem hat man sich dabei zu rechtfertigen? …
Ich bemühe mich um möglichst kurze Antworten basierend auf der Lektüre verschiedener Texte zum Thema Verantwortung im Rahmen meines PPW-Studiums (insbesondere von Nida-Rümelin, Hans Jonas und Schönherr-Mann) und meiner beruflichen Erfahrung:
Beschreibung/Begriffsdefinition: Ich übernehme bewusst Verantwortung, wenn ich für meine Handlungen Gründe anführen kann.
Voraussetzung: Rationalität, Freiheit und die Fähigkeit Gründe abzuwägen[2].
Träger: „autonomes“ Individuum => also Du und ich😉
Wofür: Für die Beziehungen zu seinen Mitmenschen und seiner Umwelt? Für die Erziehung seiner Kinder? Für globalen Frieden oder das Erreichen des 1,5 Grad Ziels? Für seine Ernährung, für seinen Konsum? Für die beruflichen Aufgaben? => Ganz allgemein lässt sich zwischen sachlichem und örtlichem Umfang der Verantwortung unterscheiden: Der sachliche Umfang schließt Handlungen, Überzeugungen und Einstellungen mit ein, der örtliche Umfang im weitesten Sinne das „Raumschiff Erde“[3]
Inhalt: Pflichten und Übernahme des latenten Risikos einer Pflichtverletzung und eines Verschuldens.
Gegenüber wem rechtfertigt man sich? Sich selbst, seiner Familie, seinen Mitmenschen, seiner Umwelt, seinem Glauben seinem Gewissen? => Hier gibt es eine Pluralität an Möglichkeiten.
Die wichtigste Frage lautet: Wie werde ich meiner Verantwortung gerecht und was sind geeignete Maßnahmen/Handlungsmaxime zur Zielerreichung? Doch zunächst noch weitere Fragen:
Wo spüre ich „am eigenen Leib“ Verantwortung?
Als Vater, wenn ich mir Gedanken mache, was passieren könnte, wenn mein Sechsjähriger beim Klettern auf dem Bett abrutscht und ich deshalb bemüht bin, möglichst alle spitzen Gegenstände aus dem potentiellen Fallradius zu räumen. …
Als Ingenieur, wenn ich mir überlege welche Gefahren von den Gebäuden, die ich betreue, für ihre Nutzer und die Allgemeinheit resultieren können. …
Als Bürger, indem ich zur Wahl gehe und mich für meine Stadt engagiere (durch ehrenamtliches Engagement etc.) …
…
Wo liegen für mich die Herausforderungen und wie gehe ich damit um?
Mit der Globalisierung – im Sinne des Verschwindens räumlicher und zeitlicher Grenzen – wird nicht nur der menschliche Lebensraum zunehmend entgrenzt[4], sondern auch die Verantwortung.
Die philosophischen Erkenntnisse legen nahe, dass ich als Individuum – trotz gewisser Einschränkungen – auch globale Verantwortung trage.
„Wer sein Leben von anderen prägen lässt, bleibt trotzdem verantwortlich, obwohl er seine Freiheit bzw. Gestaltungskraft verschenkt.“ [(Schönherr-Mann 2010), S. 53]
Die Wahl der Handlungsgrundsätze bleibt jedem selbst überlassen. Das weltweite Eintreten für die Menschenrechte und Achtung der Menschenwürde können beispielsweise einfache Handlungsgrundsätze sein.
Ich orientiere mich ferner gerne an Stieglitz „global denken und lokal handeln“ [vgl. (Stiglitz 2006), S. 22] und Nida-Rümelin: „Zum Wohltun bin ich nicht verpflichtet, ich bin aber verpflichtet, niemanden zu schädigen.“ [(Nida-Rümelin 2011), S. 115] und versuche diese Orientierung auch meinem Sohn zu vermitteln.
[1] Nida-Rümelin, J. (2011). Verantwortung. Stuttgart, Reclam, S. 11
[2] Vgl. Nida-Rümelin, J. (2011). Verantwortung. Stuttgart, Reclam, S. 8 „Als Wesen … sind wir rational, frei und verantwortlich.“ Anmerkung: Die Verantwortungszuschreibung beruht folglich auf Annahmen – einem Mindestmaß an Entscheidungsfreiheit und Rationalität – die durch die genetische Anlagen, Erfahrung und Erziehung – im nicht eindeutig quantifizierbaren Maße beeinflusst werden. [Vgl. Myers, D. (2005). Psychologie. Heidelberg, Springer Medizin. S. 104 und Precht, R. D. (2008). Wer bin ich und wenn ja, wie viele? München, Goldmann. S. 323]
Ergänzend zu meinen beiden Blogbeiträgen über Werte im September 2022, möchte ich heute vertiefend auf globale Balance eingehen.
Balance ist mir persönlich ein wichtiger Wert – sowohl auf globaler Ebene, (Stichwort „Ressourcenverbrauch“) – wie auch auf individueller Ebene (Stichwort „Life-Balance“) der mehr Beachtung verdient.
Da ich Balance bereits in einem dieser Beiträge definiert habe, wiederhole ich dies an dieser Stelle nicht, sondern verweise auf den entsprechenden Wertebeispiel-Blog-Beitrag.
Zuerst möchte ich Euch heute berichten, wo ich Balance zum ersten Mal erlebt und gespürt habe, dann gehe ich auf ihre Bedeutung ein und schließe diesen Blog-Beitrag mit Gedanken zur persönlichen Umsetzung und Vermittlung an den Nachwuchs. Der Fokus in diesem Beitrag liegt dabei auf der globalen Perspektive. Los geht’s😉
1. Wo habe ich Balance zum ersten Mal persönlich erlebt/gespürt?
In meiner Kindheit und Jugend bei den Pfadfindern.
Pfadfinder bedeutet alles außer Alltag: Hier wird gesungen, gespielt, gebastelt, gekocht… eine Vielzahl an Aktivitäten und Themen, einfach ausprobiert und gemacht, jeder wie er kann.
Und dabei wachsen, als Gruppe, als Individuum, vor allem gegenseitig, weil man voneinander lernt.
Ich wusste damals nicht, was Balance bedeutet, es fühlte sich nur einfach gut & richtig – in meinen damaligen Worten „schön“ an.
Als Kind habe ich mich immer über den schwedischen König Carl Gustav, einem bekennenden Pfadfinder gewundert, warum er sich als Erwachsener mit den Pfadfindern – in meinen Worten Pfadis – identifiziert, ist doch etwas in meiner damaligen Gedankenwelt Exklusives für Kinder und wenn man erwachsen ist, hört man damit auf, weil dann andere dran sind…
Das Große ganze, die Tragweite – zusammengefasst im Pfadfinderversprechen, u.a.
Festhalten an geistlichen Grundsätzen (bei mir an christlichen Grundsätzen, also der Ehre ggü. Gott, da ich beim Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder, kurz VCP, Mitglied war);
Ehre ggü. seinen Mitmenschen: Ehrfurcht vor der Würde des Menschen, Eintreten für Frieden, Schutz der Umwelt etc.
Ehre ggü. sich selbst: Verantwortlich für meine eigene Weiterentwicklung, Entfaltung meiner Persönlichkeit etc.
war mir damals nicht bewusst, ich spürte nur, dass es sich gut anfühlte und Spaß machte.
2. Wo liegen unsere Herausforderungen?
Diese intakte, weil spürbar stimmige Welt aus erfahrbaren und gelebten Werten vermisse ich im Alltag. Einerseits nicht verwunderlich, könnte man argumentieren, da in unserer pluralistisch, freiheitlichen Gesellschaft Wertepluarlität/-neutralität herrschen soll. (Wobei die mir bei den Pfadfindern vermittelten Werte, wie Ehrfurcht vor der Würde des Menschen, deckungsgleich zu den Menschenrechten und -pflichten sind, die ja die Grundlage unserer globalen Gemeinschaft bilden sollen.)
Andererseits fällt mir an vielen Stellen die Diskrepanz aus kommunizierten und gelebten Werten auf.
In der Politik (nicht mal das europäische Parlament scheint aktuell immun ggü. Korruption zu sein),
in zahlreichen Organisationen und Unternehmen (in denen Mitarbeiter-, Unternehmens- und Eigentümerorientierung entgegen anderslautenden Pressemitteilungen nicht ausbalanciert sind), aber auch
im Privaten (in denen Gleichberechtigung in der Beziehung entgegen gegenseitigen Versprechungen nur Lippenbekenntnisse sind).
Die Welt im Jahr 2023 ist nicht in Balance.
Wir leben in einer Welt in dem Vermögen sehr ungleich verteilt ist (das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt fast die Hälfte des Vermögens[i]), in der sehr viel Gewalt herrscht,[ii] und die Natur sehr stark verschmutzt und ausgebeutet ist[iii] und nur eine Minderheit der Menschheit lebt in Sicherheit vor physischer und psychischer Gewalt, in einer intakten Natur und finanziell gesicherter Existenz.
3. An einer Welt in Balance mitbauen!
Nur weil ich mit 46 Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach schon die Hälfte meines Lebens gelebt habe und nicht alles in Punkto nachhaltigem Leben richtig mache, habe ich den Glauben an eine bessere Welt – für mich eine Welt in Gerechtigkeit und Balance – nicht verloren.
Das Pfadfinderversprechen mag an mein Gewissen appellieren, aber die gelernten Methoden sind es, die mir helfen – und uns helfen können – an einer Welt in Gerechtigkeit und Balance mitzubauen. Denn wir haben weniger ein Erkenntnis- als ein Umsetzungsproblem.
Sinnvolle Methoden, die uns helfen – und die ich meinem Sohn vermitteln möchte – sind beispielsweise
Learning by doing: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, etwas Neues lernt man am besten, indem man es ausprobiert! Ich möchte meinem Sohn die Lust am Lebenslangen Lernen vermitteln und seine Neugierde fördern, ihm dabei die Angst vor Perfektionismus nehmen… und mache mich selbst auf den Weg nachhaltiger zu leben, bin mir bewusst, dass es ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess ist („Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun, dann werden sie das Gesicht der Welt verändern.“[iv])
Look at the boy – Berücksichtigung von Alter und Können, um Unter-/Überforderung zu vermeiden sich nicht stressen lassen, das führe ich mir immer wieder vor Augen, wenn ich meinem Sohn etwas erkläre/zeige/gebe.
Naturverbundenes Leben – Auf Fahrt und Lager wird durch Einfachheit und Sparsamkeit ein bewusster Verzicht auf Komfort und Annehmlichkeit geübt in Anlehnung an „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier“ Mahatma Gandhi. Das meinem Sohn zu vermitteln und vorzuleben ist alles andere als einfach, zumal wir in der Stadt wohnen. Am einfachsten war es mit ihm mal zwei Tage ein Pfadfinderlager zu besuchen, ohne warme Dusche und mit den Gegenständen, die in den Rucksack gepasst haben
Ich selbst orientiere mich an den 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (die sogenannten SDGs), da deren Erreichung zu meiner Idealvorstellung einer Welt in Gerechtigkeit (für mich gleichzusetzen mit der universellen Beachtung der Menschenrechte/-plichten) und Balance beiträgt.
Denn ich bin fest davon überzeugt, dass wenn sich jeder auf drei SDGs konzentriert (entsprechend der individuellen Stärken), es uns in dieser Dekade gelingen kann, einen wesentlichen Beitrag zu einer Welt in „Gerechtigkeit und Balance“ zu leisten und noch das 1,5Grad Ziel zu erreichen.
Im nächsten Blog-Beitrag möchte ich auf den Begriff „Verantwortung“ eingehen, lasst Euch überraschen.
[iii] Siehe beispielsweise Tagesschau Bericht zum aktuellen UN-Report: https://www.tagesschau.de/ausland/unicef-ressourcen-verbrauch-101.html#:~:text=In%20Deutschland%20ist%20der%20Ressourcenverbrauch,eine%20gesunde%20Umgebung%20zu%20bieten.
Ein Leben, in dem ich mich wertvoll fühle – und sich jeder andere wertvoll fühlen kann.
Viele Situationen ermöglichen dies. Der ukrainische Soldat empfindet dieses Gefühl bei der Landesverteidigung genauso, wie der deutsche Chirurg, der aus der Ukraine ausgeflogene schwer verletzte Soldaten bei der Versorgung ihrer Wunden hilft. Oftmals können wir uns die Situationen nicht aussuchen, für die meisten Ukrainer war der Krieg unendlich weit weg und die jungen Männer – darunter viele Väter – hatten ganz andere Tätigkeiten, in denen sie sich wertvoll fühlen konnten.
Ich bin dankbar, mich außerhalb solcher Extremsituationen wertvoll fühlen zu dürfen. Meine Herausforderung besteht eher darin, die richtige Balance zwischen und innerhalb der einzelnen Rollen (als Berufstätiger, als Vater, als Bürger…) zu finden.
Gute Orientierung dabei bietet mir dabei die „Theorie des Wohlbefindens“ von Martin Seligman, dem Begründer der positiven Psychologie. Ziel eines gelingenden Lebens wäre demnach zunehmendes Aufblühen durch die Verstärkung von positiven Gefühlen, Engagement, Sinn, positiven Beziehungen und Erfolg. Denn diese fünf Elemente sind für das individuelle Wohlbefinden maßgeblich.
Wie wichtig Freunde für das persönliche Wohlempfinden sind, erlebe ich eindrucksvoll durch die Antworten meines Sohns: Unvergesslich seine Worte 2021 als Vierjähriger auf unsere Frage, welcher Urlaub ihm im letzten Jahr am besten gefallen hat „Die Schiffsreise, denn da hatte ich einen Freund.“ Wer einen eindrucksvollen Beleg für die Bedeutung positiver Beziehungen/Freundschaften sucht, dem empfehle ich den Ted Talk von Robert Waldinger über seine Forschungsergebnisse.
Für Aristoteles besteht das gute Leben in der Wahl einer geeigneten Lebensform, in der Entwicklung von Tugenden, die das beste Verhalten in bestimmten Situationstypen ermöglichen und in den Tugenden entsprechenden konkreten Handlungen[1].
Aristoteles unterscheidet dabei vier Formen des Lebensvollzugs
1. das hedonistische (=lustbestimmte) Leben
2. das profitorientierte Leben
3. das politisch-praktische Leben
4. das theoretische oder philosophische Leben
Wobei für ihn nur 3 und 4 ein gutes Leben möglich machen und zu einem glücklichen Leben führen, da für ihn Glück im guten Leben besteht.
Seine Lehre steht im Einklang mit den Erkenntnissen der positiven Psychologie[2], dass ein tugendhaftes Leben nach den persönlichen Stärken zu Wohlbefinden führt.
Deshalb versuche ich meinem Sohn bereits in seinen jungen Jahren auf seine Talente aufmerksam zu machen, damit er sie zu Stärken entwickeln kann. Ich werde im nächsten Blogbeitrag noch detaillierter auf Erkenntnisse der positiven Psychologie und auf Umsetzungsstrategien zum „guten Leben“ eingehen und möchte in diesem bei der Meta-Ebene bleiben.
Gutes Leben bedeutet für mich das Mitbauen an einer Welt in Gerechtigkeit und Balance (für mich zwei wichtige Werte), denn „gutes Leben“ ist ein kontinuierlicher Prozess. Mir gefällt in diesem Zusammenhang besonders die Zeilen von Erich Kästner „Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es.“
Leben ist alles außer Stillstand. Jeder kennt es von seinen eigenen vier Wänden, alles muss gewartet und instandgehalten werden.
[1] Danke an Frau Prof. Dr. Verena Mayer, die mir dies i.R. meines PPW-Studiums an der LMU in der Vorlesung „Einführung in die Ethik“ vermittelt hat.
[2] Authentic-Happiness-Theory und die darauf basierende Weiterentwicklung zur „Well-Being-Theory“ von Martin Seligmann, dem Begründer der positiven Psychologie.
Wir Menschen sind Sinnsucher – zumindest sehr viele von uns. Wir möchten uns unser Dasein erklären können. Wir möchten einen Sinn im Leiden, wie auch im Schönen sehen. Wir möchten Teil von etwas „Größerem“ sein.
Bei der Sinnsuche geht es um das „Große und Ganze“, um das übergeordnete Ziel (Vision) und/oder die übergeordnete Aufgabe (Mission).
Auf den Punkt gebracht sehen einige Denker den Sinn des Lebens schlicht im „Leben“ bzw. im „guten Leben“. Das wäre dann die übergeordnete Aufgabe/Mission, während das übergeordnete Ziel/Vision beispielsweise für mich eine Welt in Gerechtigkeit und Balance ist.
Beides (Zielbild und Aufgabe) ist abhängig von den Wertvorstellungen (siehe Blogbeiträge zu den Werten). Dies erklärt, warum es dabei zu individuellen und kulturellen Unterschieden kommt. Die Sinnhaftigkeit des Ziels, lässt sich in meinen Augen – in Anlehnung an den kategorischen Imperativ von Emanuel Kant – ganz gut über die Verallgemeinerbarkeit prüfen. „Wenn alle Menschen diesem Ziel folgen würden, träge es zum kollektiven Wohlbefinden bei?“
Sinnerfülltes Leben ist spürbar. Menschen, die für sich den „Sinn des Lebens“ oder weniger hochtrabend formuliert „Sinn im Leben“ gefunden haben, bezeichnen es als Resonanzgefühl: Egal in welchem Teilbereich sie arbeiten, sie „spüren“, dass sie am „Großen und Ganzen“ arbeiten.
Mein Sohn stellt mir aktuell noch keine Sinn-Fragen, daher enthält dieser Blog-Beitrag noch keine persönlichen Vermittlungsbeispiele. Im nächsten Blogbeitrag werde ich den Aufgabenaspekt das „gute Leben“ aus zwei Perspektiven betrachten, einer philosophischen und einer psychologischen.
Werte sind kulturabhängig. Werte, die von vielen Kulturen geteilt werden, sind beispielsweise Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Solidarität. Anbei ein paar Gedanken, die mir zu diesen Wertebeispiele n einfallen:
Freiheit
Es macht mich glücklich in einem Land leben zu dürfen und aus einem Elternhaus zu kommen, in dem ich
in meiner Kindheit/Jugend Freizeit genießen durfte und entscheiden durfte, ob und welches Musikinstrument spielen durfte, in welchen Verein ich gehen wollte;
frei entscheiden durfte, was ich einmal machen möchte, gleichwohl ich dankbar für Beratung war.
Auch in jungen Jahren ist es deshalb meiner Frau und mir wichtig, dass unser Kind Entscheidungsspielraum bekommt. Bei der Essenswahl, bei der Freizeitgestaltung usw. Diese Freiheit setzt eine gewisse Toleranz voraus, wenn wir merken, dass unsere Empfehlungen nicht auf seine Zustimmung stoßen.
Gerechtigkeit
Gerechtigkeit auf globaler Ebene bedeutet für mich die universelle Beachtung der Menschenrechte/-pflichten. Deshalb bin ich dankbar, in einem Land zu leben, in dem die Gesetze nicht nur niedergeschrieben sind, sondern es ergänzend ein funktionierendes Rechtssystem gibt, dass für die Einhaltung sorgt. Durch die Kombination aus beidem, Regelsystem und Regelüberwachung, geht es für mich in Deutschland gerecht zu.
Mein Sohn stellt erste Fragen „Was passiert mit Menschen, die anderen etwas stehlen oder schwer verletzen“ und ich erläutere ihm, dass dies ein Regelverstoß ist und dieser von der Justiz mit Strafen geahndet wird (wobei ich aktuell noch Justiz mit Polizei gleichsetze).
Gleichheit und Solidarität
Wir Menschen haben unterschiedliche Stärken, Herkunft, Geschmäcker etc. wir sind Individuen und doch sind wir – dank unseres Rechtsstaates vor dem Gesetz alle gleich und haben die gleichen Rechte und Pflichten.
Wir haben nicht die gleiche Gesundheit, das gleiche Einkommen oder Vermögen. Solidarität ist wichtig, dass einem seine Mitmenschen nicht egal sind. Das möchte ich meinem Sohn vermitteln. In Bezug auf die Pflichten bitten wir ihn zum Beispiel seinen eigenen Teller und Besteck abzuräumen, meist gelingt es uns dann auch, dass er beim Abräumen mithilft.
Balance
Würde ich mit Gleichgewicht beschreiben, als Mitte aus Zuviel- und Zuwenig. Das kann ich auch meinem Sohn schon anschaulich erklären, egal ob beim Essen (es ist gut, genug zu essen, damit wir nicht hungrig sind, wir fühlen uns aber unwohl, wenn wir uns völlig vollstopfen), Schlafen (wo ist unser persönliches Optimum, um nicht „grumpy“ zu sein), Urlaub (immer nur Urlaub macht nicht glücklich, weil der Alltag fehlt) …
Ich hoffe die Wertebeispiele haben Dir geholfen. Was sind Werte, an denen Du Dich orientieren möchtest? Was sind Werte, die Du Deinem Kind mitgeben möchtest?
Werte sind Grundsätze / Zielvorstellungen, an denen wir uns orientieren. Sie gründen auf unseren (gemeinsamen) Vorstellungen was wir für gut und richtig halten – und zwar in Bezug auf das Zusammenleben. Wenn wir allein leben würden, bräuchte es keine.
Werte bilden also die Basis, das Fundament unserer Gemeinschaft. Die Gemeinschaft kann bspw. die Familie, der Sportverein, die Schule, das Unternehmen, die Gegend, das Land oder der Kontinent sein. Daher kommt auch der Begriff „Wertegemeinschaft“
Werte liegen folglich den Regeln / erlassenen Gesetze zugrunde, die unser Zusammenleben organisieren. Sie dienen dem Interessensausgleich Bedürfnisse zu befriedigen, ohne die der anderen einzuschränken. Entsprechend müssen Werte zuweilen selbst abgewogen werden.
Bei uns in Deutschland ist die Würde ein hoher kollektiver Wert, an dem sich unsere Gesetze und unsere Rechtsprechung orientieren. So lautet der erste Satz des Art 1 im Grundgesetz „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Gemeint ist mit diesem Satz: „Kein Mensch darf wie eine Sache behandelt, vollständig entrechtet, unmenschlichen und erniedrigenden Strafen und Behandlungsweisen ausgesetzt, gefoltert oder als so genanntes lebensunwertes Leben vernichtet werden.“ [[1]]
Mir ist wichtig, dass mein Kind seine Mitmenschen respektvoll behandelt und sich seiner eigenen Würde bewusst ist, so, dass ihn mögliche Beleidigungen/Erniedrigungen nicht seinen Selbstwert verletzen können. Um ihm dies zu vermitteln, bemühe ich mich beispielsweise ihm ein gutes Vorbild zu sein, ihm seine Stärken zu verdeutlichen und ihm passende Geschichten zu erzählen.
Da der Wertebegriff für einen Sechsjährigen noch etwas abstrakt ist, nutzte ich den Kompass als anschauliches Beispiel für Orientierung, da er diesen von seinem Piratenschiff kennt😉
Nachdem Dir dieser Beitrag die Frage „Was sind Werte?“ beantwortet hat, findest Du im nächsten Blogbeitrag Wertebeispiele.
[1] Thurich, Eckart: pocket politik. Demokratie in Deutschland. Neuausgabe 2006. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2006. Lexika für politische Bildung unter www.bpb.de