Leidenschaft

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Heute möchte ich mich der Leidenschaft widmen, da ich immer wieder mitbekomme, wie Mitmenschen die Flinte vorschnell ins Korn werfen, weil sie der Ansicht sind, dass ihre aktuelle Tätigkeit keine „Berufung“ ist. Genauso kenne ich Menschen, die in die innerlich „gekündigt“ haben und in ihrem Job nur noch „anwesend“ sind und die Gründe für den Zustand dabei ausschließlich bei anderen suchen.

Ist Leidenschaft ein Dauerzustand und verspürt man Leidenschaft nur in einem einzigen Bereich? Ich glaube nicht.

Wann spüre ich Leidenschaft?

Wenn ich mit hoher Intensivität bei der Sache bin. Wenn es mir Freude bereitet etwas zu tun, weil ich daran hohes Interesse habe, ich idealerweise auch noch gut daran bin. Wenn ich einen Mehrwert sehe, weil es mir das Thema wichtig ist, weil es Sinn macht…

Wenn ich mit mir eins bin, wenn ich im Flow bin.

Ich erinnere mich gerne an das Beispiel des Pike Place Fischmarkts in Seattle: Die Fischhändler hatten für sich beschlossen, ihren Kunden ein einzigartiges Kauferlebnis zu bescheren und jeder Besucher spürt, mit wie viel Freude sie ihre Arbeit verrichten. Über ihre vier Handlungsmaximen[i]

  • Wähle deine Einstellung („… als jemand, der weltberühmt ist, wirst du ganz anders auftreten“)
  • Spiele (Wie können wir mehr Spaß haben und Energie tanken?)
  • Bereite anderen Freude (Wer sind unsere Kunden und wie können wir ihnen einen schönen Tag bereiten? Wie können wir uns gegenseitig einen schönen Tag bereiten?) und
  • sei Präsent (die Fischhändler sind mit ganzem Herzen und ihrer ganzen Aufmerksamkeit bei der Arbeit)

wurden sogar der Managementbestseller Fish! geschrieben.

An dem Beispiel sieht man, dass es völlig egal ist, welche Tätigkeit man ausübt, man kann für sich selbst entscheiden, wie man die Tätigkeit ausübt und was man dabei empfinden möchte (die Fischhändler wollten Spaß bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haben).

Analog beschreibt die Berufsberatung matchrs auf ihrer Homepage eindrucksvoll vier Stufen, wie man von Interesse zu Leidenschaft kommt und dass dazwischen ein langer Weg liegt und Ausdauer lohnt. Nicht einmal das Interesse muss dabei fest im Menschen verankert sein, wie Forschungsarbeiten zeigen.

Wo liegen für mich die Herausforderungen und wie gehe ich damit um?

Meine größte Herausforderung ist, dass ich – neben meiner Familie – mehrere Interessen habe, denen ich mich gerne leidenschaftlich widmen möchte.

Ich habe ein Faible für Immobilien, seit ich als kleiner Junge mit meiner Familie Onkel & Tante in Chicago besucht habe und ich vom Sears Tower – dem damals höchsten Gebäude der Erde – das unter mir liegende Hochhausmeer erblicken durfte.

Außerdem habe ich ein Faible für gelungenes Miteinander, seit ich bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern miterlebt habe, was man mit Teamarbeit alles gemeinsam erreichen kann, wovon der einzelne nur träumen vermag.

Es schlagen also (mindestens) zwei Herzen in meiner Brust, die ich im Beruf immer wieder zu vereinen versuche, so auch aktuell als Erster Bürgermeister meiner Heimatstadt Weinheim. Hier funktioniert es besonders gut, aber auch in meinen früheren Tätigkeiten habe ich die soziale Leidenschaft mit der technischen kombiniert.

Daneben denke ich leidenschaftlich über Gott und die Welt nach, daher u.a. dieser Blog😉

Viele von uns haben mehrere Leidenschaften, was es bisweilen herausfordernder macht, genug Zeit für sie zu haben. Mich selbst aber nur auf eine Leidenschaft zu fokussieren, würde mich nicht glücklich machen.

Fazit: Ich glaube, dass Leidenschaft kein Leiden schaff, sondern Erfüllung schenkt😉, aber wir aufgefordert sind, die passende Balance zwischen den Interessen zu suchen.

Denkanstöße für Kinder

Während ich als Kind am liebsten Hochhäuser gebaut und gemalt habe, baut und malt mein Sohn am liebsten Flugzeuge und Schiffe und träumt von einem Beruf als Pilot oder Flugzeugbauer. Diese Interessen versuchen wir zu fördern, sei es durch Besuche im Technikmuseum, am Flughafen oder am Wasser, damit daraus Leidenschaften entstehen können.

Uns ist egal, ob unser Sohn eine Ausbildung macht oder studiert, Hauptsache er findet seine Leidenschaft(en), dabei möchten wir ihn unterstützen.

Wir fördern seine Autonomie bei der Verfolgung seiner Interessen und zeigen ihm gleichzeitig auch Orte, wo er Begeisterung bei Mitmenschen spürt, die ihre Interessen mit Leidenschaft verfolgen. Wenn der Funke überspringt, entstehen daraus für ihn neue Interessen.


[i] Fish! Stephen C. Lundin, Harry Paul und Hohn Christensen (2003, 15. Auflage) Mosaik bei Goldmann

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