Deep-Dive: Globale Balance

Bildnachweis: iStock.com/AlSimonov

Ergänzend zu meinen beiden Blogbeiträgen über Werte im September 2022, möchte ich heute vertiefend auf globale Balance eingehen.

Balance ist mir persönlich ein wichtiger Wert – sowohl auf globaler Ebene, (Stichwort „Ressourcenverbrauch“) – wie auch auf individueller Ebene (Stichwort „Life-Balance“) der mehr Beachtung verdient.

Da ich Balance bereits in einem dieser Beiträge definiert habe, wiederhole ich dies an dieser Stelle nicht, sondern verweise auf den entsprechenden Wertebeispiel-Blog-Beitrag.

Zuerst möchte ich Euch heute berichten, wo ich Balance zum ersten Mal erlebt und gespürt habe, dann gehe ich auf ihre Bedeutung ein und schließe diesen Blog-Beitrag mit Gedanken zur persönlichen Umsetzung und Vermittlung an den Nachwuchs. Der Fokus in diesem Beitrag liegt dabei auf der globalen Perspektive. Los geht’s😉

1. Wo habe ich Balance zum ersten Mal persönlich erlebt/gespürt?

In meiner Kindheit und Jugend bei den Pfadfindern.

Pfadfinder bedeutet alles außer Alltag: Hier wird gesungen, gespielt, gebastelt, gekocht… eine Vielzahl an Aktivitäten und Themen, einfach ausprobiert und gemacht, jeder wie er kann.

Und dabei wachsen, als Gruppe, als Individuum, vor allem gegenseitig, weil man voneinander lernt.

Mädchen & Jungs, Spiel & Spaß, Drinnen & Draußen, Geben & Nehmen

Ich wusste damals nicht, was Balance bedeutet, es fühlte sich nur einfach gut & richtig – in meinen damaligen Worten „schön“ an.

Als Kind habe ich mich immer über den schwedischen König Carl Gustav, einem bekennenden Pfadfinder gewundert, warum er sich als Erwachsener mit den Pfadfindern – in meinen Worten Pfadis – identifiziert, ist doch etwas in meiner damaligen Gedankenwelt Exklusives für Kinder und wenn man erwachsen ist, hört man damit auf, weil dann andere dran sind…

Das Große ganze, die Tragweite – zusammengefasst im Pfadfinderversprechen, u.a.

  • Festhalten an geistlichen Grundsätzen (bei mir an christlichen Grundsätzen, also der Ehre ggü. Gott, da ich beim Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder, kurz VCP, Mitglied war);
  • Ehre ggü. seinen Mitmenschen: Ehrfurcht vor der Würde des Menschen, Eintreten für Frieden, Schutz der Umwelt etc.
  • Ehre ggü. sich selbst: Verantwortlich für meine eigene Weiterentwicklung, Entfaltung meiner Persönlichkeit etc.

war mir damals nicht bewusst, ich spürte nur, dass es sich gut anfühlte und Spaß machte.

2. Wo liegen unsere Herausforderungen?

Diese intakte, weil spürbar stimmige Welt aus erfahrbaren und gelebten Werten vermisse ich im Alltag. Einerseits nicht verwunderlich, könnte man argumentieren, da in unserer pluralistisch, freiheitlichen Gesellschaft Wertepluarlität/-neutralität herrschen soll. (Wobei die mir bei den Pfadfindern vermittelten Werte, wie Ehrfurcht vor der Würde des Menschen, deckungsgleich zu den Menschenrechten und -pflichten sind, die ja die Grundlage unserer globalen Gemeinschaft bilden sollen.)

Andererseits fällt mir an vielen Stellen die Diskrepanz aus kommunizierten und gelebten Werten auf.

  • In der Politik (nicht mal das europäische Parlament scheint aktuell immun ggü. Korruption zu sein),
  • in zahlreichen Organisationen und Unternehmen (in denen Mitarbeiter-, Unternehmens- und Eigentümerorientierung entgegen anderslautenden Pressemitteilungen nicht ausbalanciert sind), aber auch
  • im Privaten (in denen Gleichberechtigung in der Beziehung entgegen gegenseitigen Versprechungen nur Lippenbekenntnisse sind).

Die Welt im Jahr 2023 ist nicht in Balance.

Wir leben in einer Welt in dem Vermögen sehr ungleich verteilt ist (das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt fast die Hälfte des Vermögens[i]), in der sehr viel Gewalt herrscht,[ii]  und die Natur sehr stark verschmutzt und ausgebeutet ist[iii] und nur eine Minderheit der Menschheit lebt in Sicherheit vor physischer und psychischer Gewalt, in einer intakten Natur und finanziell gesicherter Existenz.

3. An einer Welt in Balance mitbauen!

Nur weil ich mit 46 Jahren aller Wahrscheinlichkeit nach schon die Hälfte meines Lebens gelebt habe und nicht alles in Punkto nachhaltigem Leben richtig mache, habe ich den Glauben an eine bessere Welt – für mich eine Welt in Gerechtigkeit und Balance – nicht verloren.

Das Pfadfinderversprechen mag an mein Gewissen appellieren, aber die gelernten Methoden sind es, die mir helfen – und uns helfen können – an einer Welt in Gerechtigkeit und Balance mitzubauen. Denn wir haben weniger ein Erkenntnis- als ein Umsetzungsproblem.

Sinnvolle Methoden, die uns helfen – und die ich meinem Sohn vermitteln möchte – sind beispielsweise

  • Learning by doing: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, etwas Neues lernt man am besten, indem man es ausprobiert! Ich möchte meinem Sohn die Lust am Lebenslangen Lernen vermitteln und seine Neugierde fördern, ihm dabei die Angst vor Perfektionismus nehmen… und mache mich selbst auf den Weg nachhaltiger zu leben, bin mir bewusst, dass es ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess ist („Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun, dann werden sie das Gesicht der Welt verändern.“[iv]
  • Look at the boy – Berücksichtigung von Alter und Können, um Unter-/Überforderung zu vermeiden sich nicht stressen lassen, das führe ich mir immer wieder vor Augen, wenn ich meinem Sohn etwas erkläre/zeige/gebe.
  • Naturverbundenes Leben – Auf Fahrt und Lager wird durch Einfachheit und Sparsamkeit ein bewusster Verzicht auf Komfort und Annehmlichkeit geübt in Anlehnung an „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier“ Mahatma Gandhi. Das meinem Sohn zu vermitteln und vorzuleben ist alles andere als einfach, zumal wir in der Stadt wohnen. Am einfachsten war es mit ihm mal zwei Tage ein Pfadfinderlager zu besuchen, ohne warme Dusche und mit den Gegenständen, die in den Rucksack gepasst haben

Ich selbst orientiere mich an den 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (die sogenannten SDGs), da deren Erreichung zu meiner Idealvorstellung einer Welt in Gerechtigkeit (für mich gleichzusetzen mit der universellen Beachtung der Menschenrechte/-plichten) und Balance beiträgt.

Denn ich bin fest davon überzeugt, dass wenn sich jeder auf drei SDGs konzentriert (entsprechend der individuellen Stärken), es uns in dieser Dekade gelingen kann, einen wesentlichen Beitrag zu einer Welt in „Gerechtigkeit und Balance“ zu leisten und noch das 1,5Grad Ziel zu erreichen.

Im nächsten Blog-Beitrag möchte ich auf den Begriff „Verantwortung“ eingehen, lasst Euch überraschen.


[i]Einfache Darstellung dazu:  https://www.watson.ch/wissen/international/363235420-so-wuerde-die-welt-mit-100-einwohnern-aussehen

[ii] Eindrucksvoller TED-Talk dazu: https://www.ted.com/talks/gary_haugen_the_hidden_reason_for_poverty_the_world_needs_to_address_now

[iii] Siehe beispielsweise Tagesschau Bericht zum aktuellen UN-Report: https://www.tagesschau.de/ausland/unicef-ressourcen-verbrauch-101.html#:~:text=In%20Deutschland%20ist%20der%20Ressourcenverbrauch,eine%20gesunde%20Umgebung%20zu%20bieten.

[iv] https://www.globalmarshallplan.org/wenn-viele-kleine-leute-an-vielen-kleinen-orten-viele-kleine-schritte-tun-dann-werden-sie-das-gesicht-der-welt-veraendern/

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